Kirche "Zum Guten Hirten" Gößweinstein

Um den evangelischen Christen eine gemeindliche Heimat zu geben und um den zahlreichen evangelischen Gästen der Gemeinde Gößweinstein die Möglichkeit zu eröffnen, im Ort einen evangelischen Sonntagsgottesdienst zu besuchen, wurde in den Jahren 1977 bis 1978 eine Kirche zunächst ohne Glockenturm gebaut. Dieser wurde 1987 angebaut.


Vom Architekten Prof. Küttinger als Holzkirche mit Gemeinderäumen entworfen, war sie in der damaligen äußerst außergewöhnlich. Die Bauweise verleiht der Kirche

- trotz ihrer Schlichtheit - eine besondere Atmosphäre der Geborgenheit. Zugleich vermitteln die großen Fenstern das Gefühl von Freiheit, die Offenheit für die Welt.

- Die Kirche ein (Rückzugs-)ort zur Besinnung für das alltägliche Leben.

- Die Frohe Botschaft, die wir hier hören, ist eine Botschaft für´s Leben.

Christus der gute Hirte - Dieses Bild führt zu einer zentralen Botschaft unseres Glaubens: Wie der Gute Hirte, von dem Jesus im Gleichnis erzählt, das verloren gegangene Schaf sucht, so hat Gott aus Liebe zum Menschen in Jesus Christus uns Menschen aufgesucht und die Weite seiner Liebe offenbart.
Irgendwie passt dieses Hirtenbild auch schon zur Architektur der Kirche: Eine kleine Holzkirche umgeben von einem Garten - Wer mag, kann ruhig sagen: „Sie ähnelt einem Stall inmitten einer grünen Aue.“ Das Wort Stall ist dabei ganz und gar nicht abwertend zu verstehen. Denken wir nur daran, was uns der Evangelist Lukas über die Geburt Jesu erzählt: Nicht im Palast, nicht im Tempel, wurde Jesus geboren. Nicht in reich geschmückter Umgebung, nein, im Stall finden Maria und Josef Unterkunft.

Die Kirche liegt am Walli-Maus-Weg.

Eine Besonderheit der Kirche ist sicherlich die Orgel. Viele Jahre begleitete eine elektronische Orgel den Gemeindegesang. Nachdem diese hörbar in die Jahre gekommen war, entschied sich die Gemeinde, eine kleine Pfeifenorgel anzusschaffen. Diese wurde vom Orgelbauer Rainer Kammleiter, der ein Berufsschulzentrum am Fuß des Kilimanjaro leitet, dort gebaut. Seit 2012 erklingt sie nun in der Kirche.

Im Jahr 2014 beteiligte sich die Kirchengemeinde am Kunstprojekt „12 WORTE - 12 ORTE“ des Kirchenkreises, das im Rahmen der Reformationsdekade stattfand. Für die Kirche entstand eine Skulptur zum Psalm 23, angefertigt von Klaus Hack. Diese gab einen entscheidenden Impuls für die Namensgebung der Kirche, die seit 2015 den Namen „Zum guten Hirten“ trägt.

Der Herr ist mein Hirte …
Gedanken zur Skulptur zum Psalm 23 von Klaus Hack

 

Wer eine Wanderung durch unsere Gegend unternimmt, kann nicht nur die schöne Landschaft mit imposanten Felsformationen genießen, über Burgen und Kirchen staunen und gut einkehren. Auf dem Weg wird er oder sie immer wieder an Wegkreuzen oder Marterln vorbeikommen. Manche von ihnen sind schon sehr alt und stark verwittert. Für einen Moment unterbrechen sie den Spaziergang und weisen vom Weg weg, hin auf Gott. Manch einer bleibt stehen und findet Zeit für ein stilles Gebet. Andere gehen vorüber, und doch mögen sie anders weitergehen. Mitten im Gewohnten erinnern Wegkreuze und Marterl daran, dass wir nicht allein unterwegs sind. Ohne große Worte halten sie ihre eigene Predigt und sagen: Dein Weg, dein Lebensweg steht unter dem Segen Gottes.

 

Wie ein Kreuz am Wegrand, wie ein Marterl, wirkt die Skulptur im Eingangs-bereich der Kirche. Sie ist wie die Kirche aus Holz. Doch der grob bearbeitete, in weiß gefasste Stamm, lässt nicht nur die Bearbeitungsspuren klar hervor-treten. Er ähnelt so einem Stein, an dem die Zeit ihre Spuren hinterlassen hat.
Wie ein Marterl unterbricht die Skulptur den gewohnten Gang, um für einen Moment inne zu halten. Man kann gar nicht anders - Zu ungewohnt ist sie. So verwandelt sie den Vorraum zum Andachtsraum. Verweilen wir also einen Moment und lassen uns auf die Figur ein.

 

Der leicht zum Betrachter geneigte Kopf, die angedeuteten waagrechten Arme und ein Stück senkrechter Balken hinter dem Kopf lassen an den gekreuzigten Christus denken. Segnend und schützend hält er seine Arme über den Betrachter.
In den Korpus ist ein kleiner aufklappbarer Schrein eingearbeitet. Er birgt, wie man etwas sehr Kostbares, Liebgewonnenes aufbewahrt, eine weitere Figur. Sie ähnelt der großen. Ist hier der Mensch angedeutet - zum Ebenbild Gottes geschaffen?
Gott wacht über dem Menschen, der ihm unschätzbar viel wert ist, und umfängt den Menschen in Liebe. Er bleibt der Bergende, der Tröstende, zu dem der Mensch fliehen kann.
Wer in den Gottesdienst kommt soll das gleich sehen: Hier ist ein Ort, an dem du gut aufgehoben bist. Hier magst du Gottes Frohe Botschaft für dein Leben hören.

 

Über die Zeiten hinweg steht ein Bild - wie kaum ein anderes - für dieses Angenommen sein, für diese Fürsorge und diese suchende Liebe Gottes:
das Bild vom Guten Hirten.
Aus einer der ältesten Tätigkeiten des Menschen und der Erfahrung, was einen guten Hirten auszeichnet, ist ein Urbild des Glaubens geworden. Die Psychologie würde vielleicht von einem Archetypen sprechen, denn selbst wenn Hirten bei uns heute selten zu sehen sind, spricht dieses Bild vom Hirten uns moderne Menschen tief an und weckt ein Gefühl von Schutz, Fürsorge und Geborgenheit.

 

Im Allgemeinen haben wir dabei ein realistisches Bild vor Augen: Jesus als der gute Hirte mit Hirtenstab, der das verlorene Schaf sucht und das verletzte Schaf auf den Schultern trägt.
Die Skulptur ist da ganz anders, selbst wenn man im Bogen um den Kopf, dieses Schaf über den Schultern angedeutet erkennen mag. Gemeinsam mit unseren vertrauten Bildern hat sie aber, dass dieses tiefe Gefühl des Schutzes und des Angenommenseins zum Ausdruck kommt.
Von dem her beginne ich, weitere Kennzeichen dieses Guten Hirten zu entdecken:
Die Skulptur beeindruckt durch ihre Größe. - Der Hirte hat Weitblick. So sieht er die grünen Auen und erfrischenden Bäche und Quellen, die seine Schafe dringend brauchen. - Uns mag neu bewusstwerden, wie Gott für uns sorgt.
Dieser Hirte mit Weitblick sieht den rechten Weg, die rechte Straße die seine Schafe einschlagen sollten. - Gott hat uns seine Gebote gegeben, die uns helfen, einen guten Weg für das Leben und Zusammenleben zu finden. Wir mögen - anders gesagt - selbst zu guten Hirten werden: Wie die kleine Figur, die der Großen ähnelt. Der Mensch als Ebenbild Gottes genießt eben nicht nur die liebevolle Fürsorge des großen Menschenhirten. Er lebt seine Ebenbildlichkeit, wenn er selbst zum Hirten wird und andere Menschen erquickt, andere beschützt, anderen beisteht.
Gott führet mich auf rechter Straße. - Das lese ich nicht nur als Ermutigung zum Handeln nach seinem Willen, sondern auch als Ermutigung angesichts der Tatsache, dass wir unser Leben nie ganz überblicken können und den Sinn unserer Lebenswege nie ganz durchdringen können. Schon manche Wege, die man zunächst nicht verstehen konnte, fügte er zu einem sinnvollen Ganzen zusammen. Und auch wenn vieles unbegreiflich bleiben mag, bleibt er doch da und hilft es zu tragen.
Stark und mächtig wirkt die Skulptur in ihrer Größe: Nur wenn der Hirte stark ist, kann er auch führen und schützen. Nur dann kann er seine Schafe er-mutigen, wenn der Weg durch ein dunkles Tal führt. Solche dunklen Täler gibt es immer wieder im Leben. Jeder kennt sie und sie können lang sein. Sie müssen durchschritten, durchlebt werden.
Wie gut tut es, dabei Gott an seiner Seite zu wissen. Ihm kann ich mein Leben und was mich bewegt anbefehlen. Ihm kann ich mein Herz ausschütten, weil ich ihm am Herzen liege. Er ist der Rückzugsort, den ich für einen Moment brauche, bis ich mich der Herausforderung stellen kann.
Dieser Gedanke lenkt meinen Blick noch einmal auf die kleine Figur. Auch sie kann sich in den Schrein zurückziehen. Wenn es Zeit ist, kann sie es wieder zulassen, dass die Türen geöffnet werden, denn auch dann bleibt sie geschützt und kann mutig nach vorne blicken.
Sie liegt der Großen Figur ganz nah am Herzen als wolle sie damit sagen:
Mensch, bewahre dir dies: Du liegst Gott am Herzen, heute und in Ewigkeit.
Ähnlich fasst es der Psalm abschließend zusammen:
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen ein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.

 

Du liegst Gott am Herzen, bist bei Ihm geborgen, bist von Ihm angenommen. Er ermutigt dich, in diesem Vertrauen und in seiner Nachfolge dein Leben zu leben. - Das ist die großartige Botschaft, mit der uns die Skulptur empfängt, uns auf den Gottesdienst einstimmt und mit der wir wieder hinaus in den Alltag gehen dürfen.

 

Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück,
denn du bis bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.